Vorschau: Progress 8

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PROGRESS ∞ POSSE

[posse (possum, lat.) = können, vermögen, imstande sein]
[Posse, dt. = derb-komisches Bühnenstück; im übertragenden Sinne: groteske öffentliche/politische Vorgänge]
[Posse, engl. = Gruppe, Clique, Trupp; im Hip-Hop ein Zusammenschluss mehrerer Künstler]

Das Potenzial der Multitude

Mit dem lateinischen Wort „posse“ wollen wir auf das Potenzial der „Multitude“, der Vielen, der sogenannten „99 Prozent“ verweisen. Die Multitude, ein Begriff nach Michael Hardt und Antonio Negri, beschreibt eine gesellschaftliche Pluralität, eine Vielfalt, die sich um das Gemeinsame (Commons) konstituiert. Das Gemeinsame ist nicht nur materiell (Luft, Wasser, die Früchte der Erde,…), sondern darüber hinaus „all jene Ergebnisse gesellschaftlicher Produktion, die für die soziale Interaktion ebenso wie für die weitergehende (Re-)Produktion erforderlich sind, also Wissensformen, Sprachen, Codes, Information, Affekte, usw.“ (Hardt, Negri: Common Wealth, S 10)
Das Kapital – ein soziales Verhältnis! – und der Kapitalismus schließen das Gemeinsame aus. Das Konzept der Commons und der Multitude versteht die Vielfalt der Identitäten und (produktiven) Tätigkeiten als Fülle, als Potenzial der Differenz. Progress (als gesellschaftlicher Fortschritt) gibt es nur durch Differenz, das Immergleiche führt nicht weiter, sondern im Kreis. In dieser Sichtweise werden die Armen, die prekären ArbeiterInnen, die MigrantInnen nicht ausgeschlossen, sondern im Gegenteil als politisches Subjekt begriffen, das sich der Macht des Kaptitals und der Eigentumsverhältnisse entgegenstellen kann.
Die Theaterwissenschaftlerin und Performerin Gin Müller greift den Begriff Posse auch unter dem Aspekt der „Handlungsmacht der Multitude“ auf und bezeichnet mit ihrem Begriff „theatrum posse“ eine „Theatralisierung von Widerstand“, die „Suche nach provokanten, aber auch irritierenden Eingriffen und Interventionen, die andere Vorstellungen und Konfliktlösungsmöglichkeiten fördern“ Diese Form der Posse ermöglicht „karneveske Umkehrungen von Autoritäten“ und ist damit ein „subversives Verfahren, das Neubeurteilungen von Demokratie und sozialer Gemeinschaft in performativen Bereichen artikuliert“. („Possen des Performativen“ S 86/88)
Das deutsche Wort Posse bezeichnete nicht das höfische Theater der Oberschicht, sondern den „Klamauk“ für die einfachen Bürger, in dem durch Übertreibung und Satire gesellschaftliche Unterschiede und finanzielle Verhältnisse thematisiert werden.

mehr Infos zum Progress #8 gibt´s hier.